29. Mai

Nach dem Trubel in Palanga gestern gönnten wir uns heute einen ruhigen Tag mit einem morgendlichen Lauf auf dem Küstenweg in Richtung Klaipeda und einem schönen Strandspaziergang am Nachmittag.

30. Mai

Abschied von Karkle und dem schönen Ostseestrand, wir beschlossen, weg von der Ostseeküste ins Landesinnere von Litauen zu fahren, um noch einige Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Die erste davon war nur etwa 50 Kilometer entfernt, Orvydas Garten, ein verwunschener Park mit Skulpturen eines alten Bildhauers, der aber leider, leider noch geschlossen war, als wir hinkamen. Trotzdem konnten wir vom Eingang aus einen Eindruck bekommen, dass es sich wirklich gelohnt hätte, ihn zu besichtigen. Schade

Also ging es weiter zum berühmten Berg der Kreuze, einem Hügel mitten im Nirgendwo, auf dem über 50.000 Kreuze stehen. Es wird berichtet, dieser Hügel sei ein Symbol des Widerstands der litauischen Bevölkerung gegen die Herrschaft der russischen Zaren, die ersten Kreuze wurden wohl  zum Gedenken an die Opfer des Aufstands gegen das zaristische Regime aufgestellt. Rasch wurde der Berg ein in ganz Litauen bekannter Gedenkort gegen die Unterdrückung. Auch während der Zeit der Sowjetunion versuchte das Regime immer wieder, den Berg zu zerstören und die Kreuze zu entfernen, es wurden aber sofort wieder neue aufgestellt und es wurden immer mehr.

Auch heute noch pilgern Menschen aus aller Herren Länder zu diesem Ort, um hier zum Gedenken an Ereignisse, die ihnen wichtig sind, Kreuze aufzustellen. Manche Stellen sind von Kreuzen und Rosenkränzen geradezu übersäht. In einer Beschreibung steht, Studenten der Uni Vilnius hätten vor einigen Jahren versucht, die Kreuze zu zählen und hätten bei  50.000 aufgegeben – aber fertig waren sie da noch nicht. Kein Mensch weiß also, wie viele es sind.

Wir fuhren weiter in Richtung Birzai, einer Kleinstadt weiter westlich, die als die litauische Hauptstadt des Bieres bekannt ist. Wir fanden auch eine davon und konnten im der dazugehörigen Kneipe eine tolle Bierprobe machen:

Für 17 Euro bekamen wir einen Teller mit litauischen Snacks – gebratenen Speck, zwei verschiedene Käse, gebratene Brotsticks mit Knoblauch, angemachten Quark, Nüsse und dazu 9 Probegläschen mit den verschiedenen Biersorten, die in der Brauerei hergestellt werden. Dabei war auch ein historisches Bier nach einem Rezept aus dem 18. Jahrhundert – ziemlich süß, unser Fall war’s nicht. Die Gläschen waren alle gut eingeschenkt, so dass wir nach abgeschlossener Probe ziemlich fröhlich die Brauerei verließen – allerdings ohne Bier gekauft zu haben, denn der Laden hatte schon geschlossen und in der Kneipe wollten sie uns keines verkaufen.

Am örtlichen Schloss fanden wir einen Parkplatz, auf dem wir gut standen und der nahe am hübschen See lag, so dass wir uns dort für die Nacht einrichteten.  Auch in Litauen fühlten wir uns – genauso wie in Polen – beim Freistehen vollkommen wohl und sicher, was wirklich sehr schön ist.

31. Mai

Und wieder wachten wir bei wunderschönem Wetter auf, aber morgens war es immer noch empfindlich kühl. Wir hatten ja frei gestanden, also gab’s nichts einzupacken und so waren wir schnell wieder on the road zur nächsten Sehenswürdigkeit in der Nähe von Birzai. Dort gibt es ein Karstgebiet mit vielen kleinen Seen, die dadurch entstanden, dass das Regenwasser unterirdisch den Gips auswusch und die so entstandenen Höhlen einstürzten und sich mit Wasser füllten. Damit man das von oben betrachten kann, wurde ein Aussichtsturm aufgestellt, der auf uns allerdings etwas überdimensioniert wirkte.

Um und über die kleinen Seen führte ein superschön angelegter Pfad, den wir entlang wanderten, um diese Naturschönheit ganz für uns zu genießen, so früh am Tag war außer uns noch niemand da.

Am Ufer eines der kleinen Seen entdeckte Ruth hübsche Blumen, von denen wir nicht sicher waren, was sie sind. Die Blüte erschien uns als eine Lilie, aber der Wuchs erinnerte eher an eine Orchidee.

Auch unserem Wohnmobil gefiel es an den kleinen Seen richtig gut – und wie man sehen kann, waren wir auch bei der Rückkehr von der Wanderung immer noch allein. Dabei empfanden wir diesen Ausflug als eines der absoluten Highlights dieser Tour, denn die Seen waren so idyllisch und so besonders, das kommt leider auf den Fotos gar nicht richtig zur Geltung. Vielleicht werden sie in der Hauptsaison dann mehr besucht – verdient hätten sie es auf jeden Fall.

Das war schon mal ein herrlicher Morgen und es sollte so weitergehen. Unser WoMo-Führer empfahl die Besichtigung des Schlosses Rundale, deswegen fuhren wir in diese Richtung weiter. Und plötzlich war sie da, die lettische Grenze und da wir allein auf der Straße waren, konnten wir diesmal auch so langsam fahren, dass ein Foto möglich war (das hatte an der litauischen Grenze nicht funktioniert):

Mit Überquerung der Grenze änderte sich die Straßenqualität und vor allem die Dieselpreise. Hatten wir in Litauen Diesel zwischen 1,23 und 1,27 Euro pro Liter getankt, wollten die Tankstellen hinter der Grenze plötzlich 1,47 Euro dafür. Jetzt galt es auch wieder, sich an eine neue Sprache und neue Verkehrszeichen zu gewöhnen, immer wieder ein spannendes Unterfangen.

Mitten im Nirgendwo tauchte dann unser nächstes Ziel auf, Schloss Rundale, das unser Führer als das Versailles des Baltikums empfiehlt:

Wir parkten unser Wohnmobil mit Blick auf’s Schloss – und kostenlos dazu. Wenn man mal von der etwas geringeren Größe absieht, verspricht der Führer absolut nicht zu viel, das Schloss sah sehr schön aus. Was es allerdings von Versailles deutlich unterschied war das Fehlen von Heerscharen an Touristen. Außer uns wanderten noch ein paar Familien herum, aber alle zusammen waren es vielleicht 20 Personen. Die Eintrittspreise halten sich sehr im Rahmen, wir zahlten 11 Euro pro Person für die komplette Besichtigung des Schlosses und des dazugehörigen Parks, in der Hauptsaison sollten es dann 13 Euro sein – immer noch sehr moderat.

Wie schon bei anderen Sehenswürdigkeiten im Baltikum gab es auch hier einen sehr ausführlichen Audioguide, den wir uns auf’s Handy herunterladen konnten – sogar in deutscher Sprache! Die Besichtigung erfüllte dann unsere Erwartungen, die durch den Anblick des Schlosses geweckt worden waren, mehr als komplett, übertraf sie sogar. Die Räume sind nicht perfekt restauriert, es gibt auch einen Raum, der in unrestauriertem Zustand belassen worden war, damit man sich eine Vorstellung davon machen kann, welche Arbeit eine solche Restaurierung bedeutet.

Hinzu kommt, dass die Räume sehr geschmackvoll eingerichtet waren und ein persönliches Flair haben, so dass wir das Gefühl hatten, die Menschen spüren zu können, die darin lebten. Besonders beeindruckten uns die riesigen Kachelöfen, die in fast jedem Raum der Privatgemächer standen

Was uns auch wunderte waren die verschiedenen Aubusson-Teppiche, mit denen manche Räume ausgelegt waren und über die wir laufen durften, allerdings mit „Schuh-Schonern“

Sowohl in den Privaträumen des Herzogs als auch denen der Herzog gab es umfangreich ausgestattete Toiletten- und Baderäume zu sehen, mit Nachtstuhl, Bidet, Waschbecken und Sitzbadewanne. Die der Herzogin waren besonders prachtvoll ausgeschmückt, vor allem die Decke

Der große Festsaal ist sehr prunkvoll und die Anlehnung an den Spiegelsaal in Versailles ist nicht zu übersehen

Im Gewölbekeller des Schlosses fanden wir ein kleines Bistro, in dem wir uns eine Hühnersuppe mit Klimpes (Mehlklößchen) und ein Tunfischsandwich gönnten, das Highlight des Mittagessens war allerdings ein Stück Schokoladen-Karamell-Erdnuss-Torte, das man auch Snickers-Torte nennen könnte und das einfach grandios schmeckte.

So gestärkt machten wir uns auf, den Schlosspark zu besichtigen, der ebenfalls im Stil von Versailles sehr hübsch angelegt ist. Es gibt Themengärten, einer davon ist Rosen gewidment, die es dort in unglaublicher Vielfalt gab – leider blühten die meisten davon noch nicht.

Ein weiterer Teil ist dem Flieder gewidmet, der dort in allen möglichen Farben und Tönen blühte, der Duft dort war einfach unbeschreiblich. Fliederduft eben, aber sehr intensiv.

Nach einem letzten Blick vom Park auf’s Schloß machten wir uns auf die Weiterreise wieder zurück an die Ostseeküste, nach Jurmala, quasi ein Vorort von Riga, der sich ungefähr 30 Kilometer lang am Riga’schen Meerbusen entlangzieht. Dort fanden wir nach einiger Suche einen Strandparkplatz, auf dem wir einen Platz für die Nacht ergattern konnten.

1. Juni

Nach einer erstaunlich ruhigen Nacht wanderten wir durch die Fußgängerzone von Jurmala auf der Suche nach einem Cafe, das uns mit einem größeren Frühstück versorgen würde, denn wir wollten uns für die Besichtigung von Riga stärken. Jurmala war mit Palanga nicht zu vergleichen, wo alles herausgeputzt und schön erhalten war, hier hatte der Zahn der Zeit seine deutlichen Spuren hinterlassen, aber das Ganze hatte auch seinen Charme. Das Cafe, das wir fanden, bereitete uns ein sehr leckeres Frühstück, so dass wir anschließend gut versorgt nach Riga hineinfuhren, um uns einen Stellplatz zu suchen, auf dem wir auch die nächste Nacht verbringen könnten. Auf einer Insel in der Düna fanden wir einen Campingplatz, der uns zwar nicht gerade begeisterte, aber Beste war, das wir finden konnten.

Der Platz war noch nicht sonderlich voll, in einer Reihe standen schon 3 Wohnmobile, aber wir stellten uns lieber in eine andere Reihe, die weniger von Bäumen beschattet war, denn es war wieder mal sehr kühl. Nachdem wir uns eingerichtet hatten, packten wir den Motorroller aus und fuhren nach Riga, um uns umzuschauen.

Dann fuhren wir zu den Markthallen von Riga, die alles übertrafen, was wir uns vorgestellt hatten. Es sind insgesamt vier Hallen und in jede von ihnen würde die Frankfurter Kleinmarkthalle ungefähr 3x reinpassen. Eine Halle ist für Fisch, eine weitere für Fleisch, die dritte für Obst und Gemüse und die vierte für Milchprodukte und sonstige Lebensmittel. Hinzu kam eine unglaubliche Anzahl von Obst- und Gemüseständen um diese Hallen herum. Unfassbar! Lettland hat ungefähr 2 Millionen Einwohner und man könnte den Eindruck haben, dass alle von hier aus versorgt werden.

Natürlich kauften wir Obst und Gemüse ein und die Qualität und Frische war einfach umwerfend. Günstig war’s dazu noch – einen solchen Markt hätten wir gern in Frankfurt! Ruth konnte sich gar nicht losreißen von diesem Markt, aber es gab ja noch viel mehr zu sehen in Riga.

Das Zentrum von Riga besteht aus zwei Bereichen, der Altstadt mit vielen Kirchen und malerischen Gassen, an denen sich kleine Geschäfte und  Kneipen entlangziehen und der Neustadt, die das bevorzugte Wohngebiet der betuchten Rigaer Bürger darstellte. Dorthin verschlug es uns als erstes und fanden viele Hausfassaden im Jugendstil, die wir bewunderten.

Auch einen großen Park gibt es in dieser Neustadt und darin die Kirche der Geburt Jesu, die ganz im orthodoxen Stil erbaut und ausgestattet ist. Leider darf man innen nicht fotografieren, aber man sieht schon von außen, dass sie ganz anders aussieht als die Kirchen, die wir bisher besichtigt hatten.

Es ist wirklich schade, dass wir keine Fotos machen konnten, denn die Kirche ist voller Ikonenbilder, die mit viel Gold-und Silberreliefs geschmückt sind und an denen sich vor allem Ruth kaum sattsehen konnte.

Das obligatorische Riga-Bild musste natürlich auch noch sein

und dann gab es einen leckeren Cappucino, bevor Thomas endlich sein persönliches Riga-Ziel vor Augen hatte, den Pulverturm.

Da sich die Wolken am Himmel mehr und mehr verdichteten, beschlossen wir, zum Campingplatz zurückzukehren.  Da wir die Idee hatten, am nächsten Tag zwar nochmal nach Riga hineinzufahren, aber anschließend gleich weiterzufahren, luden wir den Motorroller gleich wieder in seine Heckgarage. Das erwies sich als extrem gute Idee, denn kaum waren wir fertig, begann es zu regnen.

Inzwischen waren noch mehr Leute auf dem Campingplatz angekommen, darunter vier Motorradfahrer aus Heilbronn, die auf einer dreiwöchigen Reise durch’s Baltikum und Finnland waren. Die taten uns angesichts des Regens und der immer noch sehr kühlen Temperaturen natürlich leid, aber einer von ihnen, mit dem Ruth ins Gespräch kam, versicherte, dass sie solche Touren schon seit 30 Jahren machten und schon so ziemlich mit jedem Wetter fertiggeworden sind. Ein bisschen Regen machte ihnen also nicht besonders viel aus.

Am späteren Abend endete der Regen und gegen 22 Uhr gab es einen bombastischen Sonnenuntergang

2. Juni

Nach einer kühlen Nacht brachen wir ziemlich früh nach Riga auf, um den Rest anzuschauen, das heißt, die Altstadt. Was uns schon am Vortag aufgefallen war, wiederholte sich: Durch viele Baustellen, die sich auch über diverse Brücken erstreckten, gab es heftige Verkehrsstaus, über die sich aber niemand aufregte. Ganz anders als bei uns gab es kein Gedrängle und Gehupe, man ordnete sich gelassen auf die immer wieder wechselnde Spuren ein – scheinbar hatten sich die Autofahrer in Riga mit den Staus arrangiert.

Wir fanden einen guten Parkplatz für unser Wohnmobil in der Nähe des Bahnhofs und marschierten von da in die Altstadt hinein. Wieder war es ziemlich kühl und bewölkt, so dass wir uns mit den dicken Jacken bewaffnet hatten, was sich später als wirklich gute Entscheidung herausstellte.

Das Schwarzhäupterhaus ist eine der Sehenswürdigkeiten der Altstadt und ist wirklich sehenswert.

Es handelt sich dabei um so etwas wie einen Versammlungsort der Kaufleute, wo auch Entscheidungen für die Stadt getroffen wurden, so eine Art frühes Stadtparlament. Dass die Kaufleute gut verdient haben müssen, sieht man ja an der Fassade. Besichtigt haben wir es innen nicht, da der Eingang voll war mit Schulklassen, zwischen denen wir uns nicht durchdrücken wollten.

Dafür hatten wir Glück am Rigaer Dom, wo wir das mittägliche Orgelkonzert miterleben konnten.

Als wir nach dem Konzert den Dom wieder verließen, hatte sich der Himmel noch mehr bezogen und es begann zu tröpfeln, was sich bald zu einem ordentlichen Regenguss verstärkte, so dass wir unsere Kapuzen über die Köpfe zogen und zum Wohnmobil zurückmarschierten. Auf dem Weg gab es noch einen leckeren Hesburger – das ist die baltische Konkurrenz von McDonalds, die wir schon in Litauen gesehen aber noch nie besucht hatten. Kann man essen!

Wir verließen Riga bei Regen und fuhren wieder ins Landesinnere in Richtung Sigulda, so es ein neues Schloss und eine alte Burg gibt. Auf dem dazugehörigen Parkplatz fanden wir einen schönen Platz für die Nacht und da es inzwischen wieder aufgehört hatte zu regnen, erkundeten wir gleich auch noch die örtlichen Sehenswürdigkeiten.

Das neue Schloss – wir würden es eher ein Schlösschen nennen – ist ganz nett und erinnert uns an ähnliche Bauten in England und Schottland.

und von der alten Burg ist nicht mehr viel übrig als ein paar Mauern. Man hat zwar vor, die Burg zu restaurieren, aber das meiste Gelände ist noch gesperrt. In ein paar Jahren (und vielen EU-Geldern) wird das wahrscheinlich wieder ansehnlich werden, momentan ist das beste an der Burg der Blick auf die Burg Turaida, die in einigen Kilometern Entfernung aus dem Wald herausragt.

Dafür gibt es in Sigulda eine einmalige Sehenswürdigkeit, die es wahrscheinlich sonst nirgendwo auf der Welt gibt: Einen Spazierstock-Park

Als im 19. Jahrhundert das Wandern modern wurde, wurden um Sigulda herum Wanderwege angelegt, die zum Teil recht steil in die umliegenden Täler hinunter und natürlich auch wieder hinauf nach Sigulda verliefen. Die Sommerfrischler fanden die einfachen Wanderstöcke, die die hiesigen Bauern benutzten, recht hilfreich für ihre Wandertouren und so entwickelte sich die Herstellung von Spazier-/Wanderstöcken zu einem einträglichen Geschäft für die Bauern. Die zunächst ganz einfachen Holzstöcke wurden immer aufwändiger mit Rindenschnitzereien verziert und später auch bemalt. Zum Gedenken daran wurde dieser Park angelegt – wir fanden das sehr lustig.

3. Juni

Nach einer weiteren ruhigen Nacht auf dem Parkplatz von Sigulda – es hat allerdings nochmal geregnet – fuhren wir von Sigulda zum Ligatne Nature Trail, einer Mixtur aus Wanderwegen und Tiergehegen, in denen verschiedene regional ansässige Tierarten gehalten werden, unter anderem Elche. Wir erwanderten die insgesamt 5 Kilometer Rundweg durch das Gelände und sahen alle möglichen Tiere, aber keine Elche. Ja ja, so war’s uns ja auch früher schon gegangen.

Nach einer netten Wanderung über den Ligatne Nature Trail und einigen Tieren, die wir tatsächlich sehen konnten, fuhren wir ein paar Kilometer weiter an einen See, in dem Archäologen die Überreste einer Pfahlbauten-Siedlung aus dem 9. Jahrhundert gefunden und wieder aufgebaut hatten.

Wir spazierten durch das kleine Dorf und waren wieder einmal fasziniert davon, was die Archäologen alles aus Überresten herausfinden können, von denen ein Laie noch nicht einmal erkennen würde, dass es sich um einen archäologisch wichtigen Fund handelt. So konnte genau rekonstruiert werden, wie die Häuser konstruiert waren und vor allem, welche unterschiedlichen Dächer es gab. Manche Häuser waren so niedrig, dass man darin kaum stehen konnte, andere waren dagegen schon fast als zweistöckig zu bezeichnen.

In manchen Häusern waren Kochstellen erkennbar, in anderen waren Backöfen oder Brennöfen von Töpfern eingebaut. Fast alle Häuser hatten einen Vorbau, der vielleicht als Viehstall diente.

Beeindruckend war, dass alles völlig ohne Nägel gebaut war und sich die Stämme, die den Boden des Dorfes bildeten, teilweise bewegten, wenn man darauf trat. Schwer vorstellbar, wie man sich darauf schnell fortbewegen konnte.

Nach dieser interessanten Besichtigung fuhren wir weiter an die lettische Ostseeküste und landeten in Tuja, einem kleinen Dorf, das im Sommer wohl von Urlaubern überrannt wird, aber als wir ankamen, war kaum jemand da. Wir fanden einen sehr hübschen Stellplatz direkt am Rand des Hochufers, aber die Betreiberin wollte 20 Euro für die Übernachtung, obwohl der Platz außer der Aussicht auf die Ostsee nichts zu bieten hatte.

Das war uns dann doch zu frech und wir fuhren ein Stück zurück zu einem Platz, der sich als Campingplatz bezeichnet, in unseren Augen aber kaum Stellplatzniveau erreicht. Die Aussicht auf die Ostsee war allerdings genauso nett wie am vorigen Platz und es gab wenigstens eine ganz angenehme Trockentoilette und potentiell hätten wir auch Strom bekommen, wenn unser Kabel lang genug gewesen wäre. Schon lustig, den Platz so zu bauen, dass man ein 80-Meter-Kabel braucht – ob da wohl eine Absicht dahinter steckt? Da wir mit unseren Lithium-Batterien im Wohnmobil aber wenig abhängig von Landstrom sind, war es uns egal.