11. Juni

Obwohl uns der Campingplatz in Tammisaari sehr gut gefiel und wir uns gut vorstellen konnten, hier ein paar Tage zu verbringen, zog es uns weiter in Richtung Turku. Allerdings nicht ganz bis Turku, sondern nur bis Kaarina, wo wir links abbiegen wollten, um die Schärenküste vor Turku zu erkunden. Wir hatten den Hinweis gefunden, dass es eine ca. 250 km lange Rundroute durch die Schären geben soll, die sogenannten Skargaarden Ringsvägen, die Schärenringstraße, die die kleinen Inseln zum Teil mit Brücken, zum Teil aber auch mit Fähren miteinander verbindet und auf der man einen guten Eindruck von der Schärenküste gewinnen kann. Das wollten wir unbedingt machen, also ab nach Pargas!

Auf dem Bild kann man es sehen, die Brückenverbindungen gehen nur bis zum Ende der ersten großen Inselgruppe, ab da bilden Fähren die Verbindung. Das Sensationelle ist: Die Fähren werden als Teil des Straßennetzes betrachtet und sind daher – bis auf eine – kostenlos! Es gibt eine innere und eine äußere Ringstraße, wobei die äußere wohl mit Fähren betrieben wird, auf denen keine Wohnmobile transportiert werden, aber die innere „Archipelago Ring Road“, die auf der obigen Karte in roter Farbe eingezeichnet ist, reichte uns vollauf.

Schon die erste Brücke „Rävsunds bro“ bot sensationelle Ausblicke, schade nur, dass wir uns im fließenden Verkehr befanden und nicht anhalten konnten, um zu fotografieren oder sogar die Drohne nach oben zu schicken.

Wir folgten der Straße 180 bis zur Insel Lillmälö, von wo aus die erste Fährfahrt anstand. Vor uns stand schon eine Schlange von wartenden Autos, so dass wir mit einer längeren Wartezeit rechneten, aber weit gefehlt, die Fähre war ziemlich groß und wir konnten schon bei der ersten mitfahren:

Auch hier wieder die skandinavische Effizienz, jeder weiß was zu tun ist, wir werden kurz auf die passende Spur eingewinkt und schon stehen wir auf unserer ersten Schären-Fähre von Lillmälö nach Nagu.

Die „Schwester-Fähre“ kommt uns von der anderen Seite entgegen und war ebenso voll beladen wie unsere – so konnten wir allmählich wirklich verstehen, dass die Einheimischen die Fähren als ganz normales Transportmittel auf ihrem Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen und wieder nach Hause betrachten. Für uns war es etwas ganz Besonderes, über die kleinen und größeren Inseln zu düsen und immer mal wieder eine Fähre zu benutzen, für die Einheimischen ist es Teil ihres Tagesablaufs.

Die Fährüberfahrten sind zum Teil richtig lang, andere wiederum nur ganze 90 Sekunden kurz und wir hatten das Gefühl, man könnte auch einfach auf die andere Seite schwimmen – mit Wohnmobil würde sich das allerdings etwas schwierig gestalten, also lassen wir das lieber 🙂

Beim Anstehen an einer der Fähren trafen wir einen netten VW-Bus-Fahrer aus Ribnitz-Damgarten, der uns darauf aufmerksam machte, dass eine der nächsten anstehenden Fähren von der Insel Mossala nach Iniö wahrscheinlich noch dem Winter-Fahrplan folge und daher heute nicht mehr abgehen würde.

Das konnten wir nicht so recht glauben, denn der Fahrplan im Internet wies noch eine Überfahrt um 17:15 Uhr aus, die wir erreichen wollten – aber er hatte recht. Am Fähranleger auf Mossala angekommen stellten wir fest, dass  außer uns niemand da war, der auf die Fähre wartete. Wir fragten einen Mitarbeiter, der gerade damit beschäftigt war, die Fähre anzuleinen und der bestätigte uns, dass es erst am nächsten Morgen um 9:15 Uhr weitergehen würde. Gestrandet auf Mossala!

Direkt neben dem Fähranleger befand sich das Mossala Island Resort mit einem großen Campingplatz und einem Restaurant, also gingen wir uns das anschauen. Weder der Campingplatz noch das Restaurant machten einen umtriebigen Eindruck und ein freundlicher Bartender bestätigte uns, dass sie noch gar nicht richtig geöffnet hätten, wir aber trotzdem natürlich willkommen wären, den Campingplatz zu benutzen – 40 Euro wollten sie dafür haben. Die sanitären Anlagen, die wir anschauen konnten, waren ziemlich ungepflegt und so entschlossen wir uns kurzerhand, direkt am Fähranleger zu übernachten und so die ersten zu sein, die am nächsten Morgen auf die Fähre fahren würden.

Es war idyllisch!

Keinen interessierte es, dass wir da standen

Und es gab einen wunderschönen Sonnenuntergang

Wie schön und friedlich, kaum vorstellbar, dass dieses spiegelglatte Wasser die Ostsee ist, es gab ja nicht mal Wellen!

12. Juni

Am nächsten Morgen war Düse tatsächlich der erste, der auf die Fähre durfte – genau so hatte er sich das vorgestellt.

Diese Fähre war die einzige auf der gesamten Schärenringstraße, für die wir bezahlen musste und der Preis war nicht von schlechten Eltern, 80 Euro waren fällig. Aber das war es uns allemal wert, wir betrachteten es als Entgelt für all die anderen Fähren mit, die wir kostenlos benutzt hatten. Die Überfahrt dauerte 45 Minuten und bot wieder wunderschöne Ausblicke

Wir waren so glücklich, das erleben zu können und den Finnen richtig dankbar, dass sie uns solch tolle Naturerlebnisse schaffen.

Weiter ging es über die Inseln Iniö und Jumo zur nächsten langen Fähre, die uns nach 30 Minuten Überfahrt wieder auf’s „Festland“ brachte, besser gesagt auf Inseln, die wieder per Brücken mit dem Festland verbunden sind. Thomas gelüstete es nach einem Eis und so hielten wir an der nächsten Kahvila an – der Preis für’s Eis motivierte uns dann aber, statt Eis lieber Munkkis zu kaufen, so heißen die finnische Donuts.

So gestärkt machten wir uns auf die Fahrt nach Turku, um die ehemalige Hauptstadt von Finnland zu erkunden. Helsinki war ja erst während der russischen Besatzung im 19. Jahrhundert durch den russischen Zaren zur Hauptstadt des damaligen Großfürstentums Finnland erkoren worden, vorher war Turku jahrhundertelang die finnische Hauptstadt. Das sieht man der Stadt heute nicht mehr unbedingt an, sie macht einen sehr beschaulichen Eindruck. Aber sie ist hübsch und nicht so quirlig wie Helsinki, was uns nach dem eben erst erlebten Naturschauspiel wahrscheinlich zu viel gewesen wäre.

In der örtlichen Markthalle ist ein Restaurant, dessen Chef wohl sehr stolz auf seine Grillkünste ist und der zwecks Anziehung von Gästen ein Big Green Egg (den heutigen Kult-Grill) davor platziert hat, das im wahrsten Sinne des Wortes „Big“ ist. Leider war die Zeit des angebotenen Mittags-Lunchs bereits abgelaufen, so dass wir keine Chance mehr hatten zu verifizieren, ob die Grillkünste tatsächlich so riesig sind.

Nach diesem Stadtbummel machten wir uns auf den Weg Richtung Norden, zunächst nach Lahti, der Hauptstadt des Skisports, in der regelmäßig Weltmeisterschaften im Skispringen und Skilanglauf stattfinden. Am Abend angekommen fanden wir einen sehr hübschen Parkplatz, von dem aus ein Weg zu einer kleinen Insel im Vesijärvi, dem See von Lahti, führte.

Der Weg schien ein sehr beliebter zu sein, denn es gab ziemliche Frequenz auf dem Parkplatz, die sich erst gegen später beruhigte, aber sie störte uns nicht weiter und wir verbrachten eine sehr ruhige Nacht am See.

13. Juni

Ein menschliches Bedürfnis trieb uns fort vom Parkplatz, wo es ausnahmsweise keine öffentlichen Toiletten gab – Finnland ist in dieser Hinsicht vorbildlich ausgestattet. An vielen Stellen gibt es kostenlose öffentliche Toiletten, die meist wirklich sauber und mit Papier, Seife und Papierhandtüchern oder „Handfön“ ausgestattet sind. Einige Kilometer weiter am See gab es dann welche, und dazu noch einen sehr schönen kleinen Park mit Strand, an dem wir es uns erst mal einrichteten, um am See laufen zu gehen.

Einen Morgenlauf und einen Besuch beim Supermarkt um die Ecke später gab es ein leckeres Frühstück im Düse und anschließend machten wir es uns auf der Wiese am Strand bequem. Als es uns allmählich zu warm wurde – inzwischen hatten wir sommerliche Temperaturen von ca. 25 Grad erreicht – gingen wir auf die Suche nach den Skischanzen, die man im Winter im Fernsehen sieht.

Da Lahti zwar eine Großstadt mit über 120.000 Einwohnern ist, aber doch sehr übersichtlich, waren die Schanzen schon vom See aus zu sehen, wenn auch nur der oberste Teil davon

und wir waren schnell am Skisportzentrum von Lahti. Davor noch ein Standbild eines berühmten finnischen Skilangläufers in sehr dynamischer Pose

und gleich um die Ecke waren da auch die Sprungschanzen

Thomas war sehr beeindruckt von der Doppelnutzung des Auslaufs der drei Schanzen, in denen ein großes Schwimmbad untergebracht ist, das an diesem schönen und warmen Tag auch sehr gut besucht war.

Wenn man vor den Schanzen steht, wird einem erst mal bewusst, wie unglaublich steil die Anläufe sind – man muss schon ganz schön verrückt (oder/und mutig) sein um sich da runter zu stürzen! Selbst auf dem Bild oben sieht es lang nicht so bedrohlich aus, wie wenn man es in Wirklichkeit sieht.

Jetzt aber los, wir wollten uns jetzt auf den Weg in den Osten der finnischen Seenplatte machen, nach Kitee, einem Ort, der niemand sonderlich interessieren würde, wenn es nicht der Heimatort der berühmtesten finnischen Rockband Nightwish wäre, die zufällig eine unserer Lieblingsbands ist. Das allein würde uns noch nicht veranlassen, mehrere hundert Kilometer dorthin zu fahren, aber Thomas hatte herausgefunden, dass sie am Freitag dort ein Konzert geben würden und wir hatten uns Tickets besorgt und freuten uns wie Bolle auf das Konzert.

Allerdings wollten wir nicht direkt von Lahti nach Kitee fahren, sondern einen Umweg über ein ganz besonderes Ziel machen, für das wir uns am 15.6. einen Termin gebucht hatten und auf dem Weg dorthin hatten wir uns einen netten kleinen Campingplatz namens Mylly mäkelä ausgeguckt – den Namen fanden wir richtig heimelig. Mylly heißt auf deutsch Mühle und dass so viele Ortsnamen irgendwo ein Mylly drin haben ist ein Hinweis darauf, dass in Finnland richtig viel Getreide angebaut wird und früher mal an jeder Ecke eine Mühle stand, heute leider nicht mehr. Der See, an dem der Campingplatz liegt, heißt tatsächlich auch Myllyjärvi, aber eine Mühle konnten wir dort leider trotzdem nicht entdecken.

Der Campingplatz ist nicht sonderlich groß und es standen schon erstaunlich viele Wohnwagen und Wohnmobile da, aber ein Platzwart war nicht zu finden. Ein freundlicher Dauercamper bedeutete uns, dass wir uns einfach auf einen freien Platz stellen könnten, der Platzwart würde dann im Lauf des Nachmittags oder am nächsten Tag irgendwann mal vorbeischauen, um uns zu registrieren und die Campinggebühren einzutreiben.

Also gut, wir fanden ein hübsches Plätzchen und machte es uns gemütlich. Die ganzen Einrichtungen des Campingplatzes waren sehr rustikal, aber sauber und vollkommen in Ordnung. Es gab sogar eine kleine Küche, in der man kochen könnte, einen Raum mit Spülen, eine Grillhütte, eine Spielhütte für die Kinder und eine Sauna mit einem herrlichen Badesteg in den See. Seezugänge zum Baden gab es gleich mehrere und unsere finnischen Nachbarn waren unglaublich nett und so fühlten wir uns schnell richtig wohl.

Mittlerweile war es so warm, dass wir uns doch tatsächlich bemüßigt fühlten, die Markise auszukurbeln, was wir eher selten tun, weil wir zu faul sind, sie richtig abzuspannen, um sie windfest zu machen. Und ein früheres Erlebnis in der Normandie, bei dem uns bei einem heftigen Gewittersturm die ausgefahrenen Markisen der Wohnmobil-Nachbarn um die Ohren geflogen waren, hatte vor allem Thomas immer noch nicht ganz verdaut. Deswegen sind wir mit unserer Markisen-Nutzung eher zurückhaltend und vorsichtig, aber die Sonne brannte hier so intensiv vom Himmel, dass wir die Markise nötig fanden.

Auf dem Campingplatz verbrachten wir zwei sehr schöne, ruhige Tage und am zweiten Abend ließ sich Ruth von der Glocke, die den Beginn der Sauna-Zeit ankündigte, dazu verlocken, die Sauna aufzusuchen. In Finnland ist es in den öffentlichen Saunen üblich, dass Frauen und Männer getrennt saunieren, manche Campingplätze haben deswegen zwei Saunen, die parallel betrieben werden, dieser hatte nur eine, so dass zuerst die Frauen 1,5 Stunden die Sauna für sich hatten und danach die Männer dran waren.

Als Ruth ankam war schon eine Frau in der Sauna, die sie mit einem fröhlichen „Hej“ begrüßte. Als Ruth bekannte, kein Finnisch zu können, wechselte die Frau problemlos ins Englische über und auch die andern drei Frauen, die nach Ruth noch dazukamen, sprachen alle fast perfekt Englisch. Es entwickelte sich eine fröhliche Unterhaltung über Dies und Das und zwischenrein sprang man schnell mal in den See, um sich abzukühlen. Das Wasser war ungefähr 18 Grad warm und herrlich! Die 1,5 Stunden vergingen wie im Flug und nach einem letzten Bad im See kehrte Ruth zum Wohnmobil zurück um Thomas davon zu überzeugen, jetzt auch in die Sauna zu gehen, aber er hatte mehr Hunger als Lust auf Sauna, also gab’s ein schnelles Abendessen und einen schönen Sonnenuntergang über dem See.

15. Juni

Heute hatten wir um 12 Uhr ein Date ungefähr 80 Kilometer vom Campingplatz entfernt, also brachen wir früh genug auf, um auf jeden Fall pünktlich zu sein. Wir fuhren nach Hirvikartano, einem Ort in der Mitte des Nirgendwo in der Nähe des nördlichen Endes des riesigen Paijänne-Sees.

Auf dem Weg dorthin kamen wir am Himos Ski-Resort vorbei, wo es tatsächlich mehrere Skilifte gibt, obwohl der Ort nur ca. 100 Meter über Meereshöhe liegt.

Wie man auf dem obigen Bild sieht, sind die Abfahrten nicht wirklich lang und gehen über maximal 148 Höhenmeter, das heißt, als Berg würden wir die Erhebungen in Deutschland nicht bezeichnen. Aber die vielen Parkplätze und Hotels entlang der Straße beweisen, dass hier im Winter richtig was los sein muss. Und das nicht nur beim Skilanglauf, sondern auch Ski alpin.

Einige Kilometer weiter bogen wir von der Straße ab und fuhren die letzten Kilometer über eine Schotterpiste, die allerdings gut gepflegt und wenig hoppelig ist, in den Wald. Wenn es nicht viele Hinweisschilder gäbe, die uns leiteten, wären wir davon überzeugt gewesen, uns verfahren zu haben. Aber am Ende der Schotterpiste liegt tatsächlich ein Parkplatz, ein großes Haus und ein Restaurant, das allerdings geschlossen war und erst im Juli öffnet. Deswegen waren wir aber nicht hier, sondern ihretwegen:

Wir waren in Finnlands einzigem Elch-Zoo und hatten ein Date mit Sauli, dem Elchbullen und seinem Kumpel Risto sowie der Elchdame Sylvi und ihrem Kalb.

In diesem Zoo finden nicht nur verwaiste Elche, sondern auch Hirsche und Rentiere, die aus verschiedenen Gründen in der Freiheit nicht zurecht kämen, eine Heimat. Meist weil ihre Mütter überfahren wurden oder sie selbst verletzt gefunden wurden und im Zoo wieder aufgepäppelt worden waren.

Sauli ist 8 Jahre alt und schon ein recht beeindruckender Bulle mit einem großen Geweih

Sein kleiner Kumpel Risto muss dagegen erst noch erwachsen werden.

Beide kommen aber sofort zum Gatter, um sich füttern und streicheln zu lassen. Was für ein Erlebnis! Wir bekommen frische Birkenzweige, um sie den Elchen zu fressen zu geben und die lassen sich nicht lange bitten

Ruth hatte um Erlaubnis gefragt, den Elchen ein paar Äpfel geben zu dürfen und speziell Sauli war so scharf darauf, dass er seinen Kumpel wegschubste, um ja alle Äpfel abzubekommen, ein richtiger Rüpel!

Aber in einem unbeobachteten Moment, als Sauli abgelenkt war, schaffte es auch Risto, seinen Teil der Äpfel zu bekommen

Die Elchdame Sylvi war ein bisschen schüchtern, ganz anders als die beiden Bullen, aber sie kam doch zum Gatter, um sich ihren Anteil an den Leckereien zu holen. Ihr Kalb musste derweil im hohen Gras liegen bleiben.

Aber das ist ja auch in der Freiheit so, dass die Elchkälber versteckt liegen bleiben, während ihre Mütter auf Futtersuche gehen. Unsere Führerin, die hervorragend Englisch sprach, erklärte uns, dass immer wieder Menschen, die auf versteckte Elchkälber treffen, glauben, sie seien verwaist und versuchen, sie mitzunehmen und sich damit in große Gefahr bringen, weil die Elchmütter nie sehr weit von ihren Kälbern weggehen und angeprescht kommen, um ihr Kalb zu verteidigen.

Sylvi hatte mehr Interesse an den frischen Zweigen als an Ruth’s Äpfeln, also bekam Sauli auch den Rest

Und anders als Sylvi, die nicht angefasst werden möchte, ließ Sauli sich auch gern streicheln. Seine Fellhaare sind sehr dick und kräftig und das Fell sehr dicht, unsere Führerin bestätigte uns, dass es den Elchen jetzt eigentlich zu warm war und sie sich nur noch im Schatten aufhalten – außer es gibt etwas Leckeres zu fressen.

Die Elchkuh hatte eine richtig elegante Weise, die Blätter von den Zweigen zu streifen, anders als Sauli und Risto, die sie einfach nur abrupften.

Dann hatten die Elche genug von uns und machten sich davon, zurück in den Schatten.

Für uns ging es weiter zum Gehege der Hirsche, in das wir sogar rein durften, um sie zu füttern

Anders als die Elche fraßen die Hirsche nicht nur die Blätter, sondern kauten auch so lange auf den Zweigen herum, bis sie die Rinde abziehen konnten, die ihnen offensichtlich besonders gut schmeckte.

Nach den Hirschen gingen wir zum Gehege der Rentiere, die erst wenige Tage zuvor ein Kalb bekommen hatten

Das zwar schon mal an den Blättern roch, aber natürlich noch nicht davon fraß, dafür die erwachsenen Rentiere umso eifriger.

Zum Abschluss durfte natürlich das obligatorische Geweih-Foto nicht fehlen

Im Kassenhaus zeigte unsere Führerin noch Sauli’s abgeworfene Geweihe aus den Vorjahren, an denen man ganz gut die Entwicklung des Geweihs mit fortschreitendem Alter erkennen kann:

Links das „Jugend“-Geweih und ganz rechts das Geweih aus dem letzten Jahr, das heißt aus seinem 7. Lebensjahr.

Wir waren beeindruckt von der körperlichen Leistung, die der Elch jedes Jahr für die Bildung des Geweihs aufbringen muss. Unsere Führerin erzählte, dass man bei alten Elchbullen, die mit mächtigen Geweihen ausgestattet sind, manchmal richtig sehen kann, dass sie den Kopf hängen lassen, weil ihr Geweih so schwer ist. Sie gab uns eines zum Anfassen und waren sind erstaunt, wie fest und schwer es ist.

Das war ein sehr tolles Erlebnis und unser Elch-Defizit aus einem früheren Schweden-Urlaub, bei dem wir sogar an einer Elch-Safari teilgenommen hatten, um endlich einen zu sehen und keinen zu Gesicht bekamen, ist jetzt vollkommen ausgeglichen. Wir waren glücklich und ganz erfüllt machten wir uns auf den Weg nach Kitee, immerhin noch 345 km nach Westen, kurz vor die russische Grenze.

In Savonlinna machten wir am Abend halt, um zu essen und eventuell auch zu übernachten, denn die Kilometer ziehen sich bei Tempo 80 dann doch ganz schön hin. Aber Ruth hatte Bedenken, ob wir am nächsten Tag noch einen guten Parkplatz in Kitee bekommen würden, weil im Internet angekündigt wurde dass im Umkreis von 1 km um das Stadion herum nicht geparkt werden dürfe, also fuhren wir nach dem Abendessen weiter.

Jetzt zeigten sich die Vorteile des Mittsommers, denn obwohl wir erst nach 22 Uhr wieder aufbrachen, war es taghell und die Straße angenehm leer. In Kitee angekommen kurvten wir ein bisschen durch die Gegend, um einen guten Stellplatz zu finden, denn der Parkplatz, der am nächsten am Stadion lag, war tatsächlich abgesperrt. Schließlich beschlossen wir, einfach auf dem Brückenparkplatz zu kampieren, der nicht abgesperrt war, obwohl er nur 200 Meter vom Stadion entfernt lag. Der Platz war mit einem P-Schild ganz eindeutig als Parkplatz ausgewiesen und nirgendwo stand ein Verbotsschild, dass Wohnmobile hier nicht stehen dürften, in unseren Augen standen wir legal da. Falls der Polizei das trotzdem nicht passte, würden sie uns das schon wissen lassen.

16. Juni

Niemand hatte uns wissen lassen, dass wir hier nicht parken bzw. kampieren dürften und so hatten wir eine ruhige Nacht auf der Brücke verbracht und beschlossen, das Wohnmobil auch für das Konzert genau da stehen zu lassen. In der Zwischenzeit hatten wir auch Gesellschaft eines weiteren Wohnmobils und vieler PKWs bekommen – wie es immer ist: Wenn einer sich traut, sind die anderen froh und folgen.

Wir machten uns auf, Kitee zu Fuß zu erkunden – das Städtchen hat etwas mehr als 10.000 Einwohner, also vergleichbar mit Steinbach, ist aber räumlich viel größer, weil viel mehr Platz zwischen den Häusern ist als bei uns. Das ist in ganz Finnland so, klar, wenn sich nur 5 Millionen Menschen annähernd genauso viel Fläche teilen wie Deutschland, dann geht man anders mit dem Platz um. Das war uns auch schon in anderen Städten und Orten aufgefallen, sie sind alle sehr grün, mit großen, schön angelegten Parks und vielen Bäumen entlang der Straßen – so war es auch in Kitee.

Es war deutlich merkbar, dass das Konzert für das Städtchen eine Riesen-Sache war, das Zentrum war für Autos gesperrt und eine Party-Meile eingerichtet, die für jeden etwas bot, eine Hüpfburg für die Kinder und diverse Imbiss-Stände für die Erwachsenen sowie ein Nightwish Merchandise Stand und eine kleine Bühne für diverse Darbietungen. Wir besorgten uns ein paar süße Stückchen und etwas zu Trinken und setzten uns, um einer Band zuzuhören, die finnische Volkslieder spielte. Sehr nett!

Nach einem Lebensmitteleinkauf im S-Market marschierten wir zum Wohnmobil zurück, um uns auf’s Konzert einzustimmen und früher oder später ins Stadion zu gehen. Wir hatten inzwischen herausgefunden, dass insgesamt 3 Vorbands spielen würden, weshalb das Event auch schon um 17 Uhr losging, aber Nightwish erst ab 22 Uhr loslegen würde. Also wollten wir so gegen 20 Uhr ins Stadion gehen, denn die Vorbands konnten wir auch im Düse hören, so laut wie sie spielten war das gar kein Problem. Das ist halt der Vorteil, wenn man früh genug da ist, um so einen nahen Parkplatz zu bekommen!

Das Wetter war immer noch toll uns so zogen wir in kurzen Hosen und T-Shirt los, denn es war so warm, dass es vermutlich auch zum Konzertende noch nicht kalt sein würde. Das Stadion war gut gefüllt, aber wir bekamen trotzdem noch einen ganz guten Platz vor der Bühne, von dem aus wir die Band auch wirklich sehen konnten. Die Vorband, die gerade spielte, war finnischer Rap und gar nicht nach unserem Geschmack und so waren wir froh, dass sie relativ schnell aufhörten. In der Pause gönnten wir uns den wahrscheinlich teuersten Drink unseres Lebens, für ein Bier und ein Rum-Cola zahlten wir 23 Euro! Davon waren zwar 4 Euro Pfand, die wir aber nicht zurückbekamen, weil wir keine Kreditkarte dabei, sondern – doofe Deutsche – nur Bargeld eingesteckt hatten. In Finnland geht doch alles mit Kreditkarte und so zuckte man am Tresen nur mit den Schultern, als wir Bargeld für unsere Becher haben wollten.

Egal, Ruth schenkte einer Frau hinter uns die Becher und wir stürzten uns wieder ins Gewimmel vor der Bühne, um wieder einen guten Platz zu ergattern, was uns auch gelang. Und dann ging es endlich los:

Ein Konzert lässt sich leider nicht mit Worten und Bildern beschreiben, deswegen kurz: Es war einfach toll! Die Einwohnern von Kitee waren gefühlt alle da, plus ein paar Fremde wie wir.

Thomas und Ruth hatten am Vortag noch gewettet, wie viele Besucher wohl zum Konzert kommen würden, nach Ansehen des Stadions hatte Thomas auf 2.000 getippt, Ruth auf 3.500, tatsächlich gekommen waren wohl irgendwo um die 11.000. Und die meisten davon offensichtlich Nightwish-Fans, denn viele kannten alle Songs und sangen lauthals mit. Ein richtiges Heimspiel für die Band und sie dankten es mit einem tollen Konzert mit abschließendem Feuerwerk. Besonders bewunderten wir die schwangere Sängerin Floor Jansen, die ihrem Bauch nach zu urteilen im 7. oder 8. Monat war, solch ein Konzert durchzustehen erfordert schon ohne Schwangerschaft eine gute Kondition und ihr war nicht anzumerken, dass es sie anstrengte. Respekt!

Sehr zufrieden kehrten wir nach dem Konzert zu unserem Düse zurück und freuten uns darüber, noch einen Absacker nehmen und anschließend ins Bett gehen zu können, ohne noch fahren zu müssen.

17. Juni

Nach dem schönen Erlebnis am vorigen Abend schliefen wir ziemlich lange, bis es so warm im Wohnmobil wurde, dass wir die Fenster aufreißen mussten, um etwas Durchzug zu machen. Nach dem Frühstück fuhren wir weiter in Richtung Norden, nach Kuopio, wo wir nach dieser erlebnisreichen Woche auf einem schönen Campingplatz ein paar ruhige Tage verbringen wollten.

Der Campingplatz Rauhalahti in Kuopio liegt etwas außerhalb des Stadtzentrums an einem – wer hätte es gedacht – See. Ein sehr großer Campingplatz mit 266 Stellplätzen für Wohnmobile und Wohnwagen, 150 Zeltplätzen und vielen Mökkis – Ferienhäuschen – bis hin zu richtigen Villen. Da war viel geboten, es gab einen schönen Strand, ein Restaurant, das sogar Frühstück anbot, man konnte Räder mieten oder sogar Jetski fahren lernen. Und natürlich gab es gleich mehrere Saunen, das ist in Finnland auf Campingplätzen scheinbar nicht wegzudenken.

Auf dem Weg nach Kuopio überraschte uns unser Düse mit einem neuen Durchschnittsverbrauch von 10,5 Liter auf 100 km, auf die er sich über 8.875 Kilometer herabgearbeitet hatte. Dass wir mit diesem Riesen-Fahrzeug so wenig Sprit verbrauchen würden hätten wir nie gedacht! Die Geschwindigkeitsbeschränkung für Wohnmobile auf 80 Stundenkilometer in Finnland machte sich äußerst angenehm bemerkbar.

Wir brauchten eine Weile, um einen Stellplatz zu finden, der einigermaßen eben war und richteten uns erst mal ein.

Am nächsten Tag packten wir unseren Motorroller aus und eroberten Kuopio mit seiner Hilfe, allerdings gab es außer dem wieder sehr schönen See und viel Natur nicht wirklich viel zu sehen. Der Marktplatz war etwas nichtssagend, es gab die üblichen Fast-Food-Stände und eine ganz nette Markthalle

ansonsten nur noch einen „Berg“ (ein besserer Hügel) mit einem Turm darauf, von dem man wahrscheinlich eine schöne Aussicht haben würde, aber 8 Euro pro Person für den Aufzug war uns dann doch zu finnisch und so begnügten wir uns mit der Aussicht von unten auf Kuopio und die umliegenden Seen.

Nach den vielen tollen Erlebnissen dieser Woche brauchten wir aber auch keine weiteren Highlights mehr und wollten einfach nur ein paar ruhige Tage verbringen und mal wieder unsere Wäsche waschen, die sich angesammelt hatte.